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19. Juni 2008

human ressources à l’africaine


eines tages steht esmael auf der matte – als küchenchef sucht er einen neuen job. maya und ich interviewen ihn, seine arbeitsbescheinigungen und referenzen sind nicht sehr aussagekräftig. so lassen wir in 1 woche probearbeiten und so seine kenntnisse zu testen.
vor wochen, als wir gerade abwesend waren, hatten wir besuch vom arbeitsministerium – eine inspektion. zu dritt sind sie aufgetaucht, ein reisli runter zum see. für uns ein langes handgeschriebenes protokoll – ziemlich unverständlich.
beim nächsten lichinga besuch schauen wir beim arbeitsministerium vorbei und kämpfen uns zum zuständigen senhõr zacharias durch. es ist sehr kanzleimässig, überall kabäuschen, wo stappel von vergilbtem papier und wahnsinnig viele leute am verwalten sind. nach intensiver diskussion in afro-portugisisch erfahren wir, dass alle angestellten sozialversichert werden müssen – und zwar vom ersten arbeitstag an. es folgt nun eine instruktion mit formularen – maya und ich drehen fast durch – massivste bürokratie!
schlussendlich verlassen wir das amt mit 50 antragsformularen und monatsabrechnungen im gepäck. am nächsten tag setz ich mir zum ziel, die einzelnen antragsformulare auszufüllen. was eine grössere aktion werden wird… neben den persönlichen daten und den daten der unterstützungspflichtigen (frauen, ja mehrere! und viele, viele kinder) muss ich mich erstmal in die ziemlich spannende namensvererbung eindenken. ein mix aus portugisischen
zivilstandsrecht und afrikanischen stammesritualen. eine weitere problematik ist das "r", das hier als l oder li ausgesprochen wird. die konfusion wird immer grösser... to top it all – nur wenige besitzen überhaupt irgendein papier wie eine identitätskarte oder eine cedula pessoal (geburtsbescheinigung). also heisst es für die meisten nach metangula zu laufen und dort sich dort registrieren zu lassen. doch es wäre ja nicht afrika, wenn das so einfach wär… dort angekommen, hat es nämlich gerade keine entsprechenden antragsformulare. diese müssen erst von nampula (wie so vieles administratives u.a. auch staatlich geprüfte quittungsblöcke) geliefert werden und das dauert – wie wir heute wissen – wochen.
irgendwann hab ich mich dann an die mühselige arbeit gemacht: einzelabrieb mit jedem mitarbeiter, das formular fülle ich aus, mr. willard fungiert als übersetzer (ich biss mir oft die zunge ab – uff) und schlussendlich muss noch unterschrieben werden, was bei einigen ziemlich „härzig“ ist (sie lernen erstgrad in maya's schlule schreiben...).
nach 41 formularen sind meine portugisisch kenntnisse massiv gewachsen, meine handschrift dagegen gleicht einem schlachtfeld. nun müssen noch pro monat (und das sind unterdessen schon fünf) je eine abrechnung gemacht werden. format A3 quer – pro person eine zeile, ergo 41, jede information wiederholt sich mehrmals – alles in handschrift. wahrscheinlich sollte man noch ein kohlepapier dazwischen legen… dann 7% der lohnsumme (ein mitarbeiter verdient monatlich um die 80 usd), fast paritätisch aufgeteilt voll wie’s in einem sozialstaat sein muss, berechnen, auf der bank einzahlen, das ganze gefötzel auf dem amt stempeln lassen und archivieren…
dieses vergnügen hab ich an sandra abdelegiert, maya administrative unterstützung in lichinga. sie kümmert sich um den riesigen formularkrieg und die monatlichen arbeiten. neben dieser sozialversicherung, werden die steuern direkt von lohn abgezogen, die mehrwertsteuer ist monatlich abzurechnen und weitere deklarationen und abgaben…
der verwaltungsapparat mozambiks ist massiv aufwändig und jedes amt hat seine hohheit. korruption behindert oder begünstigt die abläufe und überallem portugisische höflichkeit, die nicht unbedingt mit effizienz gleichzusetzen ist. manchmal sind diese besuche von unschätzbarem unterhaltungswert und balsam für die seele. manchmal aber geduldsproben und voll die hölle.
zurück zu esmael – die probetage waren ganz passabel, die familie zieht nach und er kriegt die chance sich weiter in der vegetarischen küche zu bewähren.